Familienbeihilfe (erhöhte) und Waisenpension - Zuverdienst

Ausgangslage:

Klient:in, 29 Jahre, Bezieher:in von erhöhter Familienbeihilfe und Waisenpension. 

Anliegen:

Hätte die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit Einfluss auf den Bezug der erhöhten Familienbeihilfe sowie der Waisenpension?

Informationsweitergabe:

zur erhöhten Familienbeihilfe: 

Erhöhte Familienbeihilfe für volljährige Kinder wegen erheblicher Behinderung, wenn die Erwerbsunfähigkeit (= das Kind ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen) vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausübung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat früher in seiner ständigen Rechtsprechung erkannt: Eine mehrjährige berufliche Tätigkeit steht der Annahme entgegen, das Kind sei infolge seiner Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Wenn eine Einrichtung jedoch bereit ist, aus karitativen Überlegungen oder aus therapeutischen Zwecken eine Person ohne Erwartung einer Gegenleistung wie eine:n Dienstnehmer:in zu behandeln, dann kann von einer berufliche Tätigkeit nicht geprochen werden. Liegt eine mehrjährige Erwerbstätigkeit vor, wird in der Praxis im Allgemeinen keine Erwerbsunfähigkeit angenommen. Nunmehr vertritt der VwGH nicht mehr diese Rechtsansicht. Das bedeutet, dass selbst auch bei Vorliegen einer mehrjährigen Berufsausübung im Einzelfall die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, angenommen werden kann. [vgl. Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, S 333f]

§ 8 Abs 6a FLAG, Arbeitsversuch: Diese Bestimmung (abrufbar auf www.ris.bka.gv.at/Bundesrecht) trat mit 2.8.2014 in Kraft. Wenn das Einkommen mehrere Jahre über der Zuverdienstgrenze (aktuell € 15.000 pro Kalenderjahr) liegt und damit für diesen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe weggefallen sind bzw. wenn die Auszahlung der erhöhten Familienbeihilfe eingestellt wurde, kann der Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe wieder aufleben, wenn das Einkommen in einem Folgejahr unter der Einkommensgrenze liegt. Es ist hier jedoch erforderlich, dass das Sozialministeriumservice die Erwerbsunfähigkeit schon einmal als Dauerzustand festgestellt hat. Dann ist kein weiteres Sachverständigengutachten erforderlich. Neue Antragstellung beim Finanzamt erforderlich!

Zuverdienstmöglichkeiten bei Bezug einer erhöhten Familienbeihilfe: Das zusätzliche Einkommen (aus selbständiger und unselbständiger Beschäftigung) darf ab dem Kalenderjahr 2020 maximal € 15.000 (Kalenderjahre 2011 - 2019: Grenzbetrag € 10.000; Kalenderjahre 2008 - 2010: Grenzbetrag € 9.000; vorher: Grenzbetrag € 8.725) betragen.

Das zu versteuernde Jahreseinkommen ist nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988) zu ermitteln. Bei Arbeitnehmern (dh bei unselbständig Erwerbstätigen) ist das Jahreseinkommen folgendermaßen zu ermitteln:

  • Jahresbruttoarbeitslohn (ohne 13. und 14. Monatsbezug) abzüglich
  • Pflichtbeiträge des Versicherten zur gesetzlichen Sozialversicherung
  • Arbeiterkammerumlage und Wohnbeauförderungsbeitrag
  • Pendlerpauschale (dh Pauschbeträge gem. § 16 Abs 1 Z 6 lit b und lit c EStG für Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte), sofern ein Anspruch darauf besteht
  • Werbungskostenpauschale von € 132 jährlich, sofern nicht höhere Werbungskosten nachgewiesen werden
  • Sonderausgabenpauschale von € 60 jährlich, sofern nicht höhere Sonderausgaben nachgewiesen werden
  • Allfällige außergewöhnliche Belastungen zB in Folge von Krankheit oder Behinderungen gem. § 35 EStG
zur Waisenpension:

Waisenpension nach Vollendung des 18. Lebensjahres: Diese kann unbefristet (dh ohne Altersgrenze) bezogen werden, wenn und solange das Kind seit Vollendung des 18. Lebensjahres infolge Krankheit/Gebrechens erwerbsunfähig ist (Grundlage für die Entscheidung: ärztliche Begutachtung). Antragstellung erforderlich.

Bei der Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit kommt es darauf an, ob das Kind imstande ist, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen nennenswerten Erwerb zu erzielen (siehe dazu Entscheidung des Obersten Gerichtshofes — OGH vom 23.11.1993, 10ObS228/93).

Ansicht der PVA zu den Zuverdienstmöglichkeiten bei Bezug einer Waisenpension: Ein monatlicher Zuverdienst bei Waisenpension ist unbedenklich bis zur Geringfügigkeitsgrenze. Ist das monatliche Zusatzeinkommen höher, hängt es vom Einzelfall ab, ob die Waisenpension wegen Erwerbsunfähigkeit weiterhin gewährt wird. Ob Erwerbsunfähigkeit weiterhin gegeben ist, entscheidet der Chefarzt bei der PVA. Grundsätzlich ist jede Aufnahme einer Erwerbstätigkeit (auch eine geringfügige Beschäftigung) bei der PVA zu melden. 

Die Kindeseigenschaft, die wegen Ausübung einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit weggefallen ist, lebt mit Beendigung dieser Erwerbstätigkeit wieder auf, wenn Erwerbsunfähigkeit infolge Krankheit oder Gebrechens weiterhin vorliegt. (§ 252 Abs 3 ASVG)

Stand: 22.12.2022