Beendigung eines Dienstverhältnisses kraft Gesetzes, § 8a BEinstG
Ausgangslage:
Klient:in, Vertragsbedienstete:r des Bundes, gehört dem Kreis der begünstigt Behinderten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) an; befindet sich schon sehr lange Zeit im Krankenstand;
Klient:in erhielt vom Behindertenausschuss eine Mitteilung über die Beendigung des Dienstverhältnisses gem. § 8a BEinstG. Das Dienstverhältnis wird zu dem im Schreiben angegebenen Zeitpunkt wegen langer Dienstverhinderung enden. Ebenso wurde vom Behindertenausschuss das Schreiben des Dienstgebers an den Behindertenausschuss, mit dem dieser über die Beendigung des Dienstverhältnisses informiert wird, übermittelt.
Anliegen:
Was kann Klient:in gegen die Mitteilung betreffend die Beendigung des Dienstverhältnisses unternehmen?
Informationsweitergabe:
Im vorliegenden Fall kommt § 24 Abs 9 Vertragsbedienstetengesetz 1948 (VBG 1948) zur Anwendung, der vorsieht, dass das Dienstverhältnis eines Vertragsbediensteten ex lege endet, wenn eine krankheits- oder unfallbedingte Dienstverhinderung länger als ein Jahr andauert. Diese Beendigung des Dienstverhältnisses tritt nicht ein, wenn dessen Fortsetzung zuvor vereinbart wurde. Ähnliche Regelungen gibt es auch in den Vertragsbedienstetengesetzen der Länder (zB NÖ Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz 1976; Oö Landes-Vertragsbedienstetengesetz).
Wird ein Dienstverhältnis kraft Gesetzes beendet kommt für begünstigt behinderte Arbeitnehmer:innen § 8a BEinstG zur Anwendung.
§ 8a BEinstG lautet: „Soweit in dienstrechtlichen Vorschriften für Bedienstete einer Gebietskörperschaft die Beendigung des Dienstverhältnisses wegen langer Dienstverhinderung infolge Krankheit kraft Gesetzes vorgesehen ist, ist im Fall eines begünstigten Behinderten der Behindertenausschuss spätestens 3 Monate vor Ablauf dieser Frist von Amts wegen zu verständigen. Der Behindertenausschuss hat zur Zweckmäßigkeit einer Vereinbarung über die Fortsetzung des Dienstverhältnisses Stellung zu nehmen. Die Beendigung des Dienstverhältnisses wird — ungeachtet der dienstrechtlichen Vorschriften — frühestens 3 Monate nach Einlangen der Verständigung beim Behindertenausschuss wirksam.“
Bei der kraft Gesetzes eintretenden Beendigung des Dienstverhältnisses handelt es sich um keine Kündigung, daher kommt der Kündigungsschutz gem. § 8 Abs 2 BEinstG für begünstigt behinderte Arbeitnehmer*innen nicht zur Anwendung - dh es ist keine Zustimmung durch den Behindertenausschuss erforderlich. Jedoch ist der Behindertenausschuss spätestens 3 Monate vor Beendigung des Dienstverhältnisses zu verständigen. Der Behindertenausschuss hat dann Gelegenheit zur Zweckmäßigkeit eines Abschlusses über die Fortsetzung des Dienstverhältnisses Stellung zu nehmen.
Aktuelle OGH Entscheidungen zur ex-lege-Beendigung des Dienstverhältnisses im öffentlichen Dienst nach Auslaufen der Jahresfrist
- Begünstigtenstatus gem. § 2 BEinstG - lange Krankenstände & Ersatzarbeitsplatz, OGH 22.1.2025, 9 ObA 12/24s
Die Klägerin mit Status begünstigt behindert nach dem BEinstG wurde bei der Beklagten (Gemeindeverband) für Schreibarbeiten sowie am Schalter im Rahmen der Patient:innenannahme eingesetzt, mit Wechsel jeweils für bestimmte Wochen. Die Klägerin kann Schreibarbeiten nur noch eingeschränkt verrichten, der Schalterdienst ist nach dem Leistungskalkül möglich. Dies könnte durch eine Änderung der Diensteinteilung für die in diesem Bereich tätigen Mitarbeiter:innen erreicht werden. Damit verbunden wäre für alle Mitarbeiter:innen eine andere Gewichtung zwischen Schreib- und Schalterarbeiten. Die Beklagte ging hier von einer Ex-lege-Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus. Die Klägerin brachte dagegen eine Klage auf Feststellung des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses ein.
Dazu der OGH:
„Verletzt der Dienstgeber seine Verpflichtung, dem Dienstnehmer eine andere zumutbare Aufgabe zuzuweisen, und hätte der Dienstnehmer bei dieser zuzuweisenden Aufgabe keinen Krankenstand gehabt, so kann sich der Arbeitgeber nicht auf eine ex lege-Beendigung nach Auslaufen der Jahresfrist berufen, sofern tatsächlich ein Ersatzarbeitsplatz vorhanden ist. Die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass keine weitere Verwendbarkeit bestanden hätte oder mangels offener Planstellen eine solche Besetzung nicht möglich wäre, trifft den Dienstgeber, ist doch der maßgebliche Sachverhalt für den einzelnen Vertragsbediensteten gar nicht überblickbar.“
„Die Beurteilung, ob einem Dienstnehmer eine zumutbare Aufgabe angeboten wurde und ob der Dienstgeber in einem solchen Fall ausreichende Anstrengungen unternommen hat, um für den gesundheitlich beeinträchtigten Dienstnehmer einen geeigneten Ersatzarbeitsplatz zu finden, kann immer nur im Einzelfall erfolgen.“
Entscheidung des OGH im Volltext: RIS - 9ObA12/24s - Entscheidungstext - Justiz
Siehe auch: DRdA-infas 3/2025 S 170f
- Dauernde Dienstverhinderung und Wiedereingliederungsteilzeit, OGH 22.1.2025, 9 ObA 13/24p
Die Klägerin (AN) war als Vertragsbedienstete bei der Beklagten (AG) beschäftigt und ab 16.11.2021 wegen Krankheit vom Dienst abwesend. Am 5.8.2022 wurde ihr von der Beklagten mitgeteilt, dass ihr Dienstverhältnis mit Ablauf des 15.11.2022 enden werde, wenn sie bis dahin weiterhin krank sei, weil die Krankheit dann ein Jahr andauere. Daraufhin vereinbarte die Klägerin mit der Beklagten eine Wiedereingliederungsteilzeit. Jedoch war sie weiterhin wiederholt tageweise krank und ab 20.12.2022 dauerhaft krankheitsbedingt abwesend. Mit Schreiben vom 18.1.2023 wurde die Klägerin von der Beklagten informiert, dass ihr Dienstverhältnis nach einjähriger Dienstverhinderung mit 19.1.2023 ende. Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass ihr Dienstverhältnis weiterhin (über den 19.1.2023 hinaus) aufrecht sei.
Dazu der OGH:
„Der Abschluss einer Vereinbarung über Wiedereingliederungsteilzeit stellt keinen Verzicht des Dienstgebers auf die Geltendmachung der Beendigung des Dienstverhältnisses aufgrund einer ein Jahr dauernden Dienstverhinderung für den Fall neuerlicher Krankenstände des Vertragsbediensteten dar.“
Entscheidung des OGH im Volltext: RIS - 9ObA13/24p - Entscheidungstext - Justiz
Siehe auch: Dauernde Dienstverhinderung und Wiedereinglie... | OGH | ogh.gv.at
DRdA-infas 3/2025, S 175
Stand: 23.6.2025